Jeder von uns hat bestimmt schon folgende Aussagen gehört:
1. Setzt dich gerade hin
2. Halte deinen Kopf aufrecht
3. Geh gerade
4. Zieh die Schultern zurück
Diese Aussagen sind in unserer Gesellschaft mit einer „richtigen“ bzw. „guten“ Körperhaltung assoziiert. Doch lässt sich eine Körperhaltung überhaupt in gut und schlecht oder richtig und falsch überhaupt einteilen? Oder ist unsere Körperhaltung für unsere Schmerzen verantwortlich?
Genau auf diesen Mythos möchte ich in diesen Blog-Beitrag eingehen und auf den Zusammenhang zwischen Körperhaltung und Schmerz eingehen.
Definition von Körperhaltung
Die Körperhaltung ist die durch die Anordnung des Bewegungsapparats (Muskeln, Sehnen, Bänder & Knochen) definierte Position des Körpers im Raum. Die Körperhaltung ist von vielen Faktoren abhängig, u.a. von:
– Physischen Faktoren: z.B. Zustand des Skelettsystems, Tiefensensibilität, Muskeltonus, Muskelkoordination im ZNS, Gleichgewichtssinn
– Psychischen Einflüssen: Bewusstsein & Emotionen
– Biologische Faktoren: Lebensalter & erlernte Bewegungsmuster
Die Grundpositionen können dabei in Stehen, Sitzen & Liegen definiert werden. Die Körperhaltung wird am besten im Rahmen der Blickdiagnostik durch Inspektion des Patienten im Stehen beurteilt. Dies erfolgt meist bei orthopädischen Erkrankungen und neurologischen Störungen. Die Haltung als Ursache für Schmerzen auszumachen ist oft instinktiv und wird als falsche Haltung bezeichnet. Hierzu müssen zwei Anmerkungen gemacht werden:
1. Wenn man über „gute“ und „schlechte“ Haltung spricht, ist es wichtig zu verstehen, dass bisher nie ein Gold-Standard für diese Begrifflichkeit definiert wurde. Somit bleibt die Frage: Was ist die „richtige“ Haltung?
2. Es gibt keine einzelne „richtige“ Körperhaltung. Es gibt keine Evidenzen dafür was die ideale Haltung ist oder, dass durch das Vermeiden einer „falschen“ Haltung bspw. Rückenschmerzen vermindert werden.
Bleiben wir noch etwas bei dem Thema Rückenschmerzen. 90-95 % der Rückenschmerzen sind unspezifische Rückenschmerzen, was bedeutet, dass die Ursache für den Schmerz nicht bekannt ist. Die führenden Risikofaktoren für Rückenschmerzen sind das Alter, ein sedentärer Lebensstil, bestimmte psychologische Zustände und zu wenig (qualitativ hochwertiger) Schlaf. Wenn nun die Empfehlung ausgesprochen wird eine bestimmte Haltung einzunehmen, führt dies dazu, dass manche Bewegungen nur noch sehr eingeschränkt oder gar nicht mehr gemacht werden. Somit ist bei Rückenschmerzen nicht die Haltung das Problem, sondern zu wenig Bewegung und Krafttraining. Unser Körper ist dazu gemacht sich zu bewegen – besonders unsere Wirbelsäule. Hier trifft das Motto „Use it, or loose it“ perfekt zu.
Ein weiteres Bespiel welches versucht wird über die Haltung zu korrigieren ist das Hohlkreuz. Zunächst gilt es zu verstehen, dass der untere Rücken durch die doppelte S-Form der Wirbelsäule in einem „Hohlkreuz“ ist. Das Stehen ist sehr individuell und nur sehr schwer zu reproduzieren. Dies zeigte eine Studie an 400 Probanden – 332 ohne Schmerzen und 83 mit Rückenschmerzen. Das Ergebnis: Jeder von ihnen hat jedes Mal eine leicht abweichende Haltung beim Stehen eingenommen. Somit lässt sich das „Hohlkreuz“ auch nicht über die Haltung korrigieren und therapieren.
Wie entsteht nun Schmerz und welche Möglichkeiten helfen in der Therapie?
Der Körper bzw. das Gewebe (Muskel, Bänder, Sehnen etc.) reagieren sehr auf erhöhte Belastungen – Ebenso auch auf nicht vorhandene Belastungen. Schmerz ist also multifaktoriell und lässt sich somit nicht auf eine einzige Ursache wie eine „schlechte“ Haltung zurückführen. Schmerz kann zu einer schlechten Haltung führen, aber schlechte Haltung führt nicht zu Schmerz.
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Tim Reiche
M.A. Sports Science / Sports Medical Training